Erste Begegnung mit einem Computer

Im Jahr 1975 war ich Schüler eines Gymnasiums in meiner Geburtsstadt Rastatt.
Eines Tages kam der Mathematiklehrer in unseren Klassenraum und meinte, er würde morgen einen Computer in den Unterricht mitbringen, wenn sich aber jemand nicht für dieses Ding interessieren würde, wäre das kein Problem, diese Schüler würden dann halt ganz normal Mathe machen.
Ich wollte dieses Ding natürlich sehen, da ich meine sehr genaue Vorstellung von einem Computer hatte, und diese mit Kennerblick verifizieren würde; ich war schliesslich ein 13jähriger, durch das Fernsehen tri-mediatisierter (Radio, Cassette, Fernsehen) Junge, Fernsehserien wie Mondbasis Alpha 1, von der ich ein komplettes Panini-Sammelalbum hatte, lehrten mich, wie so ein Ding auszusehen hatte:
Metallene Wände mit blinkenden Lichtern, vielen Schaltern und zwei Bildschirmen, die durch eine im kasernenhofartigen tonale Befehlskette zum Kommunizieren erweckt wurde. Was sonst.

Am nächsten Tag rollte der Mathelehrer ein nach Schreibmaschine aussehenden Klotz, abgedeckt durch eine graue Schutzhülle, in den Klassenraum.
Harter Entzug: So sah das in meiner Lebenswelt aber nicht aus.
Bevor er die Schutzhülle abnahm, erwähnte er noch kurz, dass dieser Computer 25 000 Mark gekostet hätte, und wir vorsichtig sein sollten.
Diese Zahl imponierte uns allen, das war viel Geld, wir kannten ähnliche Zahlen von Dachreparaturen oder neuen Mercedessen.

An uns Schüler wurden hellbraune Karten mit kleinen, aufgedruckten Rechtecken ausgeteilt, einzelne von ihnen schwärzten wir mit Bleistift.
Dann war noch was mit „Enter Code“ und „Jump 00“.

Ich war sehr schlecht in Mathe, mein prima Mathelehrer fragte mehrere Male während des Computerns nach, ob ich denn nicht eher Matheaufgaben üben wolle, wie die anderen Schlechten.

Meine erste Begegnung mit einem Computer spielte sich also gleichzeitig ernüchternd und, weil sich ein Lehrender um mein Manko gekümmert hat, pädagogisch okay, ab.

So. Und das nächste mal erzähle ich Euch von meinem Erdkundelehrer, der, oft angetrunken, manchmal mit offenem Hosenstall vor uns stehend, uns den Film „Wie der Maulwurf zu seiner Hose kam“ zeigte, und von meinen Religionslehrer, der uns ein halbes Jahr lang Dias vom Turiner Grabtuch zeigte.

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